Wieso schreibe ich über den Super Bowl zwei Tage danach? Alle kennen das Ergebnis. Niemand interessiert sich mehr dafür. Das hier ist auch keine simple Zusammenfassung des Geschehens. Es ist ein Versuch der Verarbeitung. Ein Versuch den Schmerz zu betäuben. Ein Versuch zu vergessen. Weshalb diese Selbsthilfe? Ich bin New England Patriots – Fan und ich habe den Super Bowl verloren.
Vor nicht ganz 10 Jahren habe ich mein Football – Herz den New England Patriots geschenkt. Die Patriots dominieren die NFL. Sie gewinnen jedes Jahr ihre Division und ihre Conference. Sie spielen regelmässig im Super Bowl und gewinnen diesen. In meiner Zeit als Fan der Pats, haben sie schon zwei Mal den Super Bowl gewonnen. Die Patriots gewinnen. So bin ich es mir gewohnt. So war es immer, bis zur Nacht von Sonntag auf Montag. Die New England Patriots verloren im Super Bowl LII gegen die Philadelphia Eagles.
Die Eagles, die noch nie einen Super Bowl gewonnen haben. Die Eagles, die ihre Saisons in den letzten Jahren nach dem Motto „Dabei sein ist alles“ bestritten haben. Der grosse Star des Teams: Der Quarterback Carson Wentz, einer der besten QBs der Liga. „Gegen einen solchen QB darf man verlieren“, könnte man mich zu trösten versuchen. Leider nein! Wentz ist seit Wochen verletzt. Für die Eagles stand im Super Bowl der Ersatz Nick Foles auf dem Feld. In seiner bisherigen NFL – Karriere hat Foles das Motto „Dabei sein ist alles“ verkörpert wie kein Zweiter. Er war allerhöchstens mässig. Gegen einen solchen QB darf man eigentlich nicht verlieren!
Weshalb also verlieren die Pats den Super Bowl? Rational denkend muss ich eingestehen: Die Pats verloren wegen der herausragenden Leistung von Super Bowl – MVP Nick Foles. Mein irrationales Fan – Hirn allerdings sagt: „Nicht nur. Auch wegen der miserablen Leistung der Pats – Defensive. Ich vermutete schon fast die Unia hinter dieser Arbeitsverweigerung.“ Wie auch immer. Eigentlich verloren die Pats vor allem wegen Nick Foles. „Dabei sein“ war am Sonntag offensichtlich nicht genug. Nick Foles wollte gewinnen. Und das tat er! Die Pats haben gegen Nick Foles in der Form seines Lebens verloren. Ich weiss: Nick Foles. Aber einen unglaublich starken Nick Foles. Das kann ich als rational denkender Mensch akzeptieren.
Ich als Fan habe aber noch eine weitere Geschichte zu erzählen. Die Geschichte weshalb ich als Pats – Fan diese Niederlage nicht akzeptieren kann, und will! Hauptakteur der Geschichte: Malcom Butler. Der Cornerback der Patriots. Beim Triumph über die Seattle Seahawks im Super Bowl XLIX war Malcom Butler der Matchwinner. Er besiegelte mit seiner Interception den Sieg der Pats. Er ist einer der besten Spieler der Patriots Defensive. Ein Schlüsselspieler. Ein Baustein des Erfolgs. Und er war nicht auf dem Feld am Sonntag.
Wortwörtlich weinend sah Butler das ganze Spiel zu, wie Nick Foles die Patriots Verteidiger malträtierte. Butler leide an einer Erkältung, so die offizielle Erklärung der Patriots. Eine Erkältung? Dann schickt ihn mit einer Packung Taschentücher aufs Feld. Lächerlich! Mittlerweile weiss man allerdings etwas mehr über diese Erkältung. Offensichtlich war Butler nicht pünktlich zur Nachtruhe in seinem Hotelzimmer, wurde mit Marihuana erwischt und hatte Streit mit einem Coach. Alles am Wochenende des grossen Spiels. Wegen dieser Erkältung durfte Butler nicht spielen. Zu spät zu Hause, Gras und Streit. Das tönt für mich nach Reality TV; nach den Problemen einer verzweifelten Mutter. Grund genug, einem rebellierenden Teenie Hausarrest zu erteilen. Es ist aber nicht Grund genug, den Eagles den Titel zu schenken. Nicht Grund genug, alle Patriot – Fans unglücklich zu machen. Nicht Grund genug, MICH unglücklich zu machen.
Eine Forfait – Niederlage wegen gekränkten Coaches? Ich höre sie schon an der Pressekonferenz erklären: „Butler hat sich nicht an unsere Regeln gehalten!“ Mir egal! Butler hätte durchmachen und einen ganzen Strauch Gras rauchen können. Er wäre immer noch Meilen besser gewesen als sein Ersatz Eric Rowe. Rowe war Ursache allen Übels. Ursache von zwei Touchdowns und unzähligen Yards. Er gab sich Mühe, er war aktiv. Ein aktiver Zuschauer! Ein Zuschauer mit einem Platz in der vordersten Reihe. Nicht mehr und nicht weniger.
Auch der Fan in mir hätte eine Niederlage mit Butler auf dem Feld akzeptieren können. „Foles war besser.“ So hätte ich den Super Bowl rational anerkennend kommentiert. Ohne Butler jedoch, verursacht mir die Niederlage Alpträume! Restlos wälze ich mich im Patriots – Pyjama hin und her. Nicht fähig loszulassen. Nächtelang frage ich mich: „Was wäre wenn?“